Instrumentalisierung – Zu einem Grundproblem des Kuratierens

Promotionsprojekt

Die zentrale Frage der Arbeit besteht darin, ob – und falls ja, inwiefern genauer – sich der kuratorische Umgang mit Kunst von Praktiken der Instrumentalisierung differenzieren lässt. Gibt es Vorgehensweisen des Kuratierens, die der landläufigen Tendenz der Thesenbebilderung widerstehen und also in der Lage sind, trotz professionsbezogener Pflegeabsicht und institutionellem Pflegeauftrag künstlerische Autonomie nicht nur im Munde zu führen, sondern auch praktisch relevant und kompromisslos werden zu lassen?

Diese Frage baut auf zwei grundlegenden Aspekten auf: Zuerst einer Problemdiagnose, sodann dem Anschluss an den Autonomie- bzw. Post-Autonomie-Diskurs. Der diagnostische Ansatz macht sich daran fest, dass – seit Beginn kuratorisch initiierter und begleiteter Ausstellungen – künstlerische Arbeiten dazu benutzt werden, Begriffe und Konzepte zu illustrieren. Dagegen besteht das zentrale Argument künstlerischer Autonomie darin, dass kein Werk auf vorformatierte Zwecke reduziert werden darf. Dieses Argument behält seine Geltung auch in Zeiten von Auktionsrekorden und Zollfrei-Lagern, multiplen politischen und ökologischen Krisen sowie den Angeboten und Zumutungen der Plattform- und Event-Ökonomien.

Der grundlegende Konflikt zwischen Freiheitsversprechen und Thesenillustration lässt sich in unterschiedliche Richtungen ausbuchstabieren. Zum einen kunsthistorisch: Wie weit kann das Problem zurückverfolgt werden und in welchen hervorstechenden Beispielen reicht es in die Gegenwart? Sodann begriffsgeschichtlich und diskursanalytisch: Wo kommen die zentralen Termini von Instrumentalisierung und Kuration her? Welche Diskursabschnitte sind bis heute von bleibender Relevanz? Und nicht zuletzt systematisch: Wie lässt sich Instrumentalisierung im Bezug auf Personen, Werke und Begriffe im gegebenen Feld ausdifferenzieren?

Konkret heißt das: In welchen Formen sind verschiedene Personengruppen – Direktionen, Kurator*innen, Künstler*innen, Theoretiker*innen sowie temporär involvierte Personen – von Instrumentalisierung betroffen und wie gehen sie damit um? Wie verhält es sich dabei insbesondere mit vulnerablen Gruppen, etwa ökonomisch Diskriminierten (Thomas Hirschhorn), Menschen mit psychischen Erkrankungen (Christine und Irene Hohenbüchler) oder von Wohnungslosigkeit Betroffenen (Isa Genzken, Duane Hanson, Tehching Hsieh)? Zwei zentrale kuratorische Positionen – eine für den Diskursbeginn, eine für die Gegenwart – sind Harald Szeemann und Susanne Pfeffer. Die wichtigsten theoretischen Einwürfe kommen aus der Kunstwissenschaft (Beatrice von Bismarck, Juliane Rebentisch, Wolfgang Ullrich) sowie von Künstler*innen selbst (Daniel Buren, Monica Bonvicini, Ad Reinhardt).

Der Weg, auf dem sich diese Arbeit befindet, ist folglich ein interdisziplinärer. In der Hauptsache begegnen sich drei unterschiedliche Praktiken: kuratorische, künstlerische und sozialwissenschaftliche. Das Ziel dabei ist es, die grundlegende Problematik der Instrumentalisierung möglichst offen aufzuzeigen und in alle genannten Richtungen dafür zu sensibilisieren.

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